Euro-Islam

 

Eine gut gemeinte Idee auf dem Prüfstand

 

Die Vertreter des sogenannten Euro-Islam propagieren einen scheinbar ungefährlichen, entpolitisierten Islam, der als Kompromisslösung dienen soll. Das Problem dabei ist nur, dass es einen entpolitisierten Islam gar nicht gibt. Religion und Politik gehören im Islam untrennbar zusammen, weshalb es auch niemals eine islamische Demokratie geben kann. Wer ein heiliges Buch und die diesem Buch verpflichtete Schriftgelehrtenklasse als höchste geistige und moralische Instanz ansieht, hat sich von jedem demokratischen Selbstbestimmungsrecht verabschiedet. Darüber sind sich zum Glück viele Muslime im klaren, denn sie wissen aus ihrem eigenen Geschichtsunterricht - sofern sie ihn nicht geschwänzt haben, um in die Koranschule zu gehen -, dass die älteste einigermassen funktionierende Demokratie in der islamischen Welt nur deshalb zustandegekommen ist, weil deren Gründer den Islam kompromisslos bekämpft hat. Die Rede ist von Kemal Atatürk. Von ihm stammt der Satz: “Der Islam gehört auf den Müllhaufen der Geschichte.” Hätte Atatürk seine rückständig denkenden Gegner nicht konsequent ausgeschaltet, so wäre es ihm niemals gelungen, grundlegende und für die Demokratie unerlässliche Menschenrechte - wie zum Beispiel die Religionsfreiheit - einzuführen. ("Religionsfreiheit" heisst eben nicht, dass sich Religionen alles erlauben dürfen, sondern das genaue Gegenteil: die Religionsausübung soll an Bedingungen und Beschränkungen gekoppelt sein, die der Staat vorschreibt). Die demokratischen Errungenschaften der Türkei sind heute allerdings bloss noch ein Schatten ihrer selbst, denn die religiösen Parteien haben wichtiges Terrain zurückerobert. Mit ihren antisäkularen Machtgelüsten beweisen sie, dass Atatürk mit seiner Einschätzung des Islam recht hatte. Der Islam ist gefährlich und bleibt gefährlich: nicht nur für uns in Europa, sondern auch und vor allem für die islamischen Länder selbst. Wo der Koran und die Scharia, wenn auch nur als Gegenkräfte, tonangebend werden, kann man die Demokratie zu Grabe tragen. Nun wollen aber die moderaten Muslime in einer Demokratie leben, ohne deswegen den Islam aufgeben zu müssen. Und da wird es schwierig. Der Versuch, einen moderaten, westlich-aufgeklärten, demokratietauglichen Islam zu installieren, ähnelt dem blödsinnigen Versuch, einen Schokoladekuchen ohne Schokolade zu backen. Wenn zum Beispiel gewisse Frauen muslimischer Glaubenszugehörigkeit Genderfragen diskutieren und sich progressiv und aufklärerisch geben, ohne sich vom Islam zu distanzieren, fragt man sich unwillkürlich, wieso sie aus ihrer Geisteshaltung nicht die richtigen Konsequenzen ziehen und den Koran fortwerfen. Wozu dieser krampfhafte Spagat? Wozu daran festhalten, dass die Religion das letzte Wort behält? Das Falsche daran ist nicht die Widersprüchlichkeit, die ja interessant und produktiv sein könnte, sondern der schwindlerische Versuch, unter dem Deckmäntelchen der Modernität eine archaische Religion als oberste Denk- und Entscheidungsinstanz zu installieren. Und wo bleibt eigentlich der innermuslimische Widerstand gegen die Islamisten, die Dschihadisten, die Al-Kaida? Zwar betonen die gemässigten Muslime bei jeder Gelegenheit, der islamische Extremismus habe nichts mit dem Islam zu tun, die "bösen" Muslime seien ja gar keine richtigen Muslime, die würden ihre Religion ja nur missbrauchen... Klingt zweifellos gut, sogar richtig aufgeklärt, nur stimmt es eben nicht. Die Todesurteile gegen Apostaten, Ehebrecherinnen, Homosexuelle und Mohammed-Karikaturisten werden nicht von irgendwelchen durchgeknallten Dschihadisten ausgesprochen, sondern von anerkannten muslimischen Gelehrten. Unter diesem Gesichtspunkt kann man sich schon fragen, weshalb sich die gemässigten Muslime nicht dazu verstehen, ihre Religion auch nur im Ansatz kritisch zu sehen, weshalb sie sich rhetorisch und argumentativ bis zur Lächerlichkeit verbiegen, um ihre Religion in Schutz zu nehmen, und dann paradoxerweise auch noch behaupten, es sei unzulässig, den Islam als Ganzes zu kritisieren. DEN Islam gebe es doch gar nicht, es gebe nur Millionen unterschiedlicher Muslime mit jeweils ganz unterschiedlichen Glaubensausrichtungen. Wer könnte dem widersprechen? Und trotzdem ist dieses Argument ein Scheinargument. Ist es etwa unzulässig, den Wald zu thematisieren, nur weil er aus ganz unterschiedlichen Bäumen besteht? Oder ist es unzulässig, über Basel zu sprechen, nur weil Basel aus ganz unterschiedlichen Häusern und Strassen besteht? Der Vorwurf der Pauschalisierung ist ein billiger Taschenspielertrick. Mit diesem Trick kann man jede Kritik abschmettern, ohne irgendeinen Gegenbeweis antreten zu müssen. Auch der kriminellste Dschihadismus fusst letztlich auf individuellen Haltungen, auf lauter Einzelfällen, und jede Kritik am ideologischen oder religiösen Überbau ist insofern fragwürdig, als sie eine Aussage trifft, die nur bedingt differenzieren kann. So funktioniert nun mal Begrifflichkeit, so funktioniert das Denken über die Welt. Es ist immer nur bedingt differenzierungsfähig. Trotzdem ist es möglich und statthaft, dem Islam gesamtheitliche Tendenzen und Bestrebungen zuzuweisen, so wie es auch möglich und statthaft ist, Elefanten oder Leguane zu bestimmen, obwohl keine zwei Elefanten oder Leguane genau gleich aussehen. Darüber hinaus ist das islamfreundliche Pauschalisierungsverbot auch noch hochgradig widersprüchlich. Es widerlegt sich beinahe selbst. Schliesslich scheuen sich die gemässigten Muslime keineswegs, ihre muslimische Identität ständig in den Raum zu stellen, eine Identität, die es nach ihrem eigenen Dafürhalten eigentlich gar nicht geben dürfte. Allen Beteuerungen zum Trotz versuchen sie sich jeder Art von Religionskritik zu entziehen, unter anderem auch dadurch, dass sie Islamkritik grundsätzlich als "islamophob" hinstellen. Doch Islamkritiker gibt es auch auf muslimischer Seite, dies nur nebenbei, und gewiss gibt es auch Muslime, die mit ihrer muslimischen Identität genauso gleichgültig oder locker umgehen wie die meisten mitteleuropäischen Christen mit ihrem Christentum. Eigentlich schade, dass sich diese Muslime nicht häufiger zu Wort melden. Da sie keine Religion zu verteidigen haben, halten sie sich aus der Debatte heraus, und so entsteht der Eindruck, die allermeisten Muslime seien furchtbar religiös. Stimmt natürlich nicht. Gerade deshalb sollten wir den religiösen Muslimen - auch wenn sie sich gemässigt geben - nicht das Feld überlassen. Da sie im Gegensatz zu den Extremisten vielleicht noch irgendwie beeinflussbar sind, sollten wir ihnen klar und deutlich den Tarif durchgeben. Religiöse Dogmen und Gebräuche gesellschaftlich zu sanktionieren, damit sie unantastbar werden, hat mit moderner Religiosität nicht das Geringste zu tun. Was hingegen mit moderner Religiosität sehr viel zu tun hat, ist der metaphysische Horror vacui, den Feuerbach, Marx, Nietzsche und Freud in grossen brennenden Lettern ins kollektive Gedächtnis des abendländischen Denkens hineingeschrieben haben. Auch ein gläubiger Muslim muss irgendwie begreifen, dass es im 21. Jahrhundert höchstens noch als Folklore durchgehen kann, wenn man sich vor einem Wüstengott in den Staub wirft. Wir sind inzwischen ein bisschen weiter. Und stellt euch vor, liebe Muslime, ich sage das als überzeugter Christ und pflichtbewusster Protestant, der pünktlich und auf den Rappen genau seine Kirchensteuer bezahlt. Jeden Sonntag gehe ich mit hochgeknöpftem Hemdkragen zur Kirche. Ich bin nicht euer Feind. Ich bin kein Religionsverächter. Ich bin jemand, der sich standhaft weigert, aus der Kirche auszutreten. Ich kann Christ sein und trotzdem mit Nietzsche den Tod Gottes konstatieren. Ich fühle mich tief berührt, wenn ich den Isenheimer Altar betrachte, und trotzdem kann ich über eine gelungene Jesus-Karikatur von Herzen lachen. Hahaha: so wie ein Protestant eben lacht, ein bisschen trocken, aber aus tiefster Kehle. Blasphemien finde ich toll, und der grösste Blasphemiker von allen ist bekanntlich dieser Typ in Rom, der behauptet, er sei der Stellvertreter Gottes. Ich liebe den Katholizismus, weil er so dubios ist. Andererseits bin ich mir im klaren darüber, dass auch das Luthertum nicht über jeden Zweifel erhaben ist, nur ein Irrer schmeisst dem Teufel ein Tintenfässchen an den Kopf, ja, ich gebe zu, dass die protestantische Widerrede nicht weniger dubios ist als die katholische Beweihräucherung von Heiligenbildern und Riten. Trotzdem kann ich ein bibelfester Protestant sein, genauso wie ich ein Bewunderer katholischer Prachtentfaltung sein kann, und keine der beiden Positionen schliesst aus, dass ich im Nullkommanichts zum Atheisten und haarspalterischen Rationalisten werden kann, der es darauf anlegt, den christlichen Fundamentalisten die Suppe zu versalzen. In einer säkularen Gesellschaft sind solche Pirouetten bei religiösen Standortbestimmungen völlig normal. Mehrdeutigkeiten, unterschiedliche Perspektiven und diverse geistige Gangschaltungen gehören nun mal dazu. Hat man damit ein Problem, weil man an eine einzige, gottgegebene Wahrheit glaubt, so wird man selber zum Problem. Eine fortschrittliche islamische Religiosität wäre sicher begrüssenswert: aber wo ist sie? Gemässigte Muslime tun sich nicht gerade durch Selbstreflexion hervor, und wenn sie sich irgendwo einbringen, dann nur, um sich für den Islam einzusetzen. Ich kann mich noch gut an ein Gespräch mit einem gemässigten Sunniten türkischer Herkunft erinnern, der mich davon überzeugen wollte, dass Mohammed die Demokratie und die Gleichberechtigung der Frau erfunden habe. Ja, selten so gelacht! Und die Appenzeller haben das Frauenstimmrecht erfunden, oder wie? Natürlich kann man über solche Dinge diskutieren, und vielleicht ist es schon viel, wenn Muslime die Kerngedanken ihrer Religion überhaupt zur Diskussion stellen. Im Diskutieren sind sie nämlich recht geschickt. Andererseits ist es allzu offensichtlich, dass es ihnen nicht um eine ehrliche Auseinandersetzung mit ihrer Religion geht, geschweige denn mit Religion überhaupt. Durch alle Böden hindurch verteidigen sie den Islam, ihren Islam wohlverstanden, den schöngeredeten und schöngemachten moderaten Islam. Auf den lassen sie natürlich nichts kommen. Und genau damit tun sie sich selbst den allergeringsten Gefallen. Am eigentlichen Problem reden sie nämlich unausgesetzt vorbei. Wäre ich ein Fan von Donald Duck und würde ich meine Mitmenschen davon überzeugen wollen, dass Donald Duck irgendetwas gesagt oder getan hat, das für die ganze Welt von ungeheurer Bedeutung ist, so würde man mich früher oder später in eine Zwangsjacke stecken. Was Donald Duck gesagt oder getan hat, ist genauso unerheblich wie das, was Mohammed gesagt oder getan hat. In einer säkularen Gesellschaft haben Religionen den Stellenwert von erfundenen Geschichten, und institutionell bewegen sie sich irgendwo zwischen Fanclubs und Liebhaberbühnen. Mehr liegt da nicht drin. Und das ist gut so. Problematisch an den Vertretern des Euro-Islam ist gerade das, wofür sie so häufig gelobt werden: die Bemühung, eine völlig zurückgebliebene Religion so zu verkaufen, dass man sie auf das Fundament einer säkularistischen Legitimation stellen kann. Der Islam soll sich den westlichen Gesellschaften anpassen. Doch tatsächlich geschieht hier eher das Umgekehrte. Die zurückgebliebene Religion wird aufgewertet, und der Säkularismus soll sich als Amme betätigen, die dieses anspruchsvolle Ziehkind hätschelt und fördert. Eine fatale Entwicklung. Letztlich geht es den gemässigten Muslimen um das Gleiche wie ihren fanatischen Glaubensgenossen. Das gemeinsam verfolgte Ziel ist die Verfestigung und letztgültige Unangreifbarkeit der Religion, also genau das, was im Säkularismus eigentlich überwunden worden ist. Dabei spielt etwas Psychologisches eine wesentliche Rolle: ein religiöser Mensch bringt den Fanatikern aus den eigenen Reihen immer ein gewisses Verständnis entgegen. Wenn nicht sogar Bewunderung. Schliesslich sind die religiösen Fanatiker - im Gegensatz zu den Atheisten und Agnostikern - keine Gottesleugner, sondern Leute, die den Glauben ernst nehmen und sogar bereit sind, für ihn ihr Leben hinzugeben: wahre Vorbilder! Deshalb laufen die Modernisierungsversuche der Gemässigten häufig auf Augenwischerei hinaus. Die Gemässigten schwurbeln herum, lavieren, praktizieren eine Art Wendehalspolitik, die es beiden Seiten irgendwie recht machen soll, aber dann doch Gefahr läuft, zwischen den Fronten zerrieben zu werden. Im Christentum ist dieses Problem eher ein Randphänomen, da der christliche Mainstream, egal welcher Konfession, die Trennung zwischen geistlichen und weltlichen Angelegenheiten vorbehaltlos akzeptiert. Was im islamischen Mainstream keineswegs gegeben ist. Hier lohnt sich der Blick auf Länder, in denen der Islam die beherrschende Religion ist. Wer den Koran und die Hadithe auch nur einigermassen kennt und sich schönrednerischer Indoktrination von Seiten gewiefter Islam-Verteidiger verweigert, muss zu einem ähnlichen Urteil gelangen wie Atatürk. Ein Islam ohne Politik ist zwar eine schöne Wunschvorstellung, aber nicht die Realität. Sobald sich der Islam auch nur im entferntesten einmischt, wird er tonangebend. Der Islam ist totalitär: das unterscheidet ihn ganz wesentlich vom Christentum, dessen Macht gebrochen ist und das sich nur noch punktuell, etwa im Evangelikalismus, gegen den Säkularismus auflehnt. Dieser Unterschied ist nicht nur historisch bedingt, sondern hat auch mit den Texgrundlagen der beiden Religionen zu tun. Im Gegensatz zur Bibel kennt der Koran keine Trennung zwischen weltlichen und geistlichen Angelegenheiten. Einen laizistischen Islam nach europäischem Zuschnitt gibt es ja nicht einmal in Indonesien, dem wahrscheinlich fortschrittlichsten islamischen Land der Welt. Selbst dort werden Menschen inhaftiert, bloss weil sie sich auf Facebook als Atheisten outen. Meinungs- und Religionsfreiheit? Toleranz? Freiheitliche Grundwerte? Kann man sich in einem islamischen Land abschminken. Ein laizistischer Islam ist nicht praktikabel, und selbst wenn es gelänge, einen solchen Islam zu installieren, wäre damit das Problem noch keineswegs gelöst. Ein konsequenter laizistischer Islam käme nämlich der Selbstabschaffung des Islam gleich, und das wiederum wäre für die Islamisten eine Bestätigung ihrer Position. Deshalb sind solche Versuche auch nicht glaubwürdig, allzu offensichtlich sind sie dem Bemühen geschuldet, Akzeptanz zu erheischen und das Misstrauen dem wirklichen Islam gegenüber, wie er im Koran und in den Hadithen niedergelegt ist, zu entkräften. Doch genau diesen Islam sollte man im Auge behalten. Einen andern gibt es nicht. An Versuchen, das scheinbar Versäumte nachzuholen und den Islam im westlichen Sinn und Geist zu modernisieren, fehlt es nicht. Woran es hingegen fehlt, ist die Einsicht in die Unmöglichkeit dieses Unterfangens. Der Islam lässt sich nicht modernisieren, weil er schon modernisiert ist! Schon gleich zu Anfang des 20. Jahrhunderts haben ihn die Islamisten auf den neusten Stand gebracht. Der moderne Islam ist fundamentalistisch! Es zeugt von Naivität und historischem Unverständnis, einen “Islam Light” zu fordern und diesen als modern zu deklarieren, einen Islam, der mit verbleichten und verwaschenen Inhalten zwischen europäischem Humanismus und islamischem Kulturbackground hin und her schlenkert und förmlich danach schreit, als harmlos und lieb gelten zu dürfen. Natürlich ist uns Westlern ein “Islam Light” genehm und willkommen, aber kann so etwas Bestand haben? Innerislamische Bestrebungen, die wir als modern empfinden, sind nichts als zeitbedingte Kompromisse, die früher oder später einer konsequenteren Haltung weichen müssen. Selbst der reformwilligste und offenste Islam kann sich nicht von der alles erwürgenden Autorität seiner heiligen Texte befreien. Er bleibt an seinen politisch-religiösen Auftrag gebunden. Er kann diesen Auftrag zeitweilig zurückstellen, aber aufgeben kann er ihn nicht. Man muss verstehen - und viele Westler verstehen es eben nicht - dass es im Islam keine Reformation oder Gesamtmodernisierung wie im Christentum geben kann, da der Koran dies gar nicht zulässt. Die Konzepte der Reformation, des Humanismus und der Aufklärung sind auf den Islam nicht übertragbar. Sie sind im christlichen Kulturkreis möglich geworden, weil man die Bibel von Anfang an als Menschenwerk aufgefasst hat. Der Koran aber gilt auch gemässigten Muslimen als verbalinspirierte göttliche Offenbarung. Darin liegt seine ganze Selbstdeklaration. Man müsste sich gegen den Koran stellen, wollte man den Islam reformieren. Damit würde man aber den Islam nicht reformieren, sondern abschaffen. Nur weil er von aussen, das heisst durch die westliche Moderne unter Druck geraten ist, versuchen Muslime da und dort die unanfechtbare Autorität des Korans ein Stückweit zurückzustellen oder zu verschleiern. So finden sie kurzfristig eine grössere Akzeptanz und bestehen sozusagen den säkularistischen Eignungstest. Dass das aufgeht, wundert nicht. Wenn Muslime signalisieren, dass sie ihren Glauben reformieren wollen, wähnen sich viele Westler in einer Vorbildrolle, die ihnen schmeichelt, und sind hell begeistert - und merken natürlich nicht, dass sie hinters Licht geführt werden. Diese Selbstverblendung muss man dem Westen zum Vorwurf machen. Die meisten säkularistisch gesinnten Europäer haben noch immer nicht begriffen, dass ihnen eine grossangelegte Islamisierung bevorsteht. Wenn man die muslimische Einwanderungsquote mit der importierten Geburtenrate zusammenrechnet, ergibt sich daraus ein Bild, das die schlimmsten Befürchtungen übertrifft. Das hat nichts mit Pauschalisierung zu tun, denn schon ein verschwindend geringer Anteil an orthodoxen Muslimen genügt, um die gesellschaftliche Stabilität zu gefährden und alles, was sich Europa über die Jahrhunderte hinweg an aufklärerischen Werten erkämpft hat, massiv zu beschädigen. Was wir heute erleben, ist erst der Anfang. Der Islam wird sich bei uns heimisch machen und sich ausbreiten. Er wird an Einfluss gewinnen. Er wird die Meinungs- und Pressefreiheit beschneiden. Er wird uns seine religiösen Dogmen aufzwingen, wird durch Gewalt und Infiltration ("Diskriminierungsschutz") erreichen, dass es gefährlich oder gesetzwidrig wird, über Mohammed zu spotten oder den Koran als ideologisches Machwerk hinzustellen. Schon heute riskiert jeder sein Leben, der sich diesem Diktum widersetzt. Radikale Gruppierungen (zum Beispiel Wahabiten) werden sich nach vorn drängen, sich zuerst medial, dann aber auch zunehmend politisch einbringen. Infolgedessen wird sich auch die säkularistische Gegenseite radikalisieren, und das wohl zu Recht. Soziale Unruhen sind jetzt schon programmiert, ideologische, religiöse und ethnische Konflikte werden sich in Strassenschlachten und Terror entladen: links gegen rechts, rechts gegen links, Islamisten gegen die Mitte, Sunniten gegen Schiiten, Hanafiten gegen Malikiten, Ismaeliten gegen Saiditen, Saiditen gegen Aleviten, Salafisten gegen Assassinen, Kurden gegen Türken, Türken gegen Kurden, Türken gegen Türken, und alle zusammen, wie könnte es anders sein, gegen die Juden, die natürlich wieder einmal an allem schuld sind. Aber nicht genug damit: zur allgemeinen Konfusion durch importierte Konflikte kommt noch das Donnern eines hausgemachten Gewitters hinzu. Es ist nicht zu übersehen, dass sich die alten westlichen Ideologien und weltanschaulichen Fronten auflösen und neu konstellieren. So kommt heute der sozialrevolutionäre marxistische Impuls immer häufiger von rechts, die Tendenz zu elitärer Demokratiefeindlichkeit immer häufiger von links. Und so geht zum Beispiel der Front National unter Marine Le Pen auf die linke Überholspur und schnappt sich mit einer marxistischen Peilung die sozialistischen Wählerstimmen, die in der offiziellen linken Politik kaum noch ein Sammelbecken finden. Ein ähnliches Spiel auch bei uns in der Schweiz: mit ihrer trotteligen EU-Gläubigkeit und der dogmatisch verteidigten Personenfreizügigkeit unterstützt die SP eine Politik, die die sozial Schwächsten systematisch unter Druck setzt. Mangels einer glaubwürdigen linken Vertretung wenden sich nun die einkommensschwachen Wähler, eigentlich traditionelle SP-Wähler, vermehrt den Rechtsnationalen und Wertkonservativen zu, deren Wirtschaftsliberalismus sie in Kauf nehmen, weil hier wenigstens eine vernünftige Migrationspolitik angestrebt wird. Doch wirtschaftlich und sozial gesehen bringt diese Verschiebung nichts: ob man links oder bürgerlich wählt, in beiden Fällen wird der Sozialstaat vernichtet und der Mittelstand geplündert. Man hat die Wahl zwischen Pest und Cholera. Das mag in Frankreich anders sein. Der Front National ist eine echte sozialistische Partei, eine echte Alternative zum Bonzen- und Akademikersozialismus, der nur noch Eigeninteressen verfolgt. Allerdings kommt die Rettung zu spät. Die Zerfallserscheinungen sind in Frankreich derart gravierend, dass auch ein Front National nicht mehr viel ausrichten kann. Ganze Stadtviertel gelten als No-go-Areas. Islamisten-Hochburgen, Ghettos, kriminelle Migrantenclans, marodierende Banden von Wirtschaftsflüchtlingen etc. Der Staat beweist seine Ignoranz und Ohnmacht tagtäglich. Die Fehler liegen in der Vergangenheit und sind kaum noch auszubügeln. Unter solchen Voraussetzungen dreht sich in vielen europäischen Ländern - nicht nur in Frankreich - die Spirale der ideologischen und politischen Eskalation immer weiter und weiter. Mit absehbaren (oder auch unabsehbaren) Folgen: gewinnen werden am Schluss die Radikalen, also diejenigen, die von vornherein auf "Umsturz" programmiert sind. Mediale Bürgerkriege mit unklaren Frontverläufen, seltsamen Allianzen und bizarren Freund-Feind-Konstellationen bilden sozusagen den revolutionären Gärteig, den brodelnden Kessel, aus dem unweigerlich etwas Neues entstehen wird, womöglich eine historische Umwälzung mit Guillotinen und Mistgabeln, wobei jedoch noch unklar ist, wer hier eigentlich gegen wen revoltiert. Obwohl die brachiale Globalisierung mit ihrer feudalkapitalistischen Ausbeutung breiter Bevölkerungsschichten ein Faktor ist, der diesen Konflikt entscheidend vorantreibt und mit einem ungeahnten Potential auflädt, ähnelt das Ganze doch eher einem Zusammenbruch als einer Revolution. Die neuartige Polarisierung stiftet unter den Unterdrückten und Benachteiligten keinerlei Zusammenhalt. Eher schlagen sie sich gegenseitig die Köpfe ein, als dass sie auf die Idee kämen, eine Revolution zu starten. Und um Klassenkampf geht es hier eigentlich nur an den Nebenschauplätzen. Die Bruchlinie zwischen Arm und Reich, Verlierern und Gewinnern spielt zwar als "Konflikttreiber" eine gewisse Rolle, läuft aber längst nicht überall parallel zu den ideologischen Auseinandersetzungen - und lässt sich auch nicht überall instrumentalisieren. Islamkritiker, Rechtskonservative, EU-Gegner, Nationalisten, Proletarier, Marxisten, christliche Fundamentalisten und Rechtsextreme formieren sich gegen das Machtkartell der Grosskapitalisten, EU-Technokraten, Sozialdemokraten, Systemmedien, Linksliberalen, Linksautonomen, Landeskirchen und Islamlobby. Dieser neue ideologische Graben zieht sich durch die ganze europäische Gesellschaft, sogar durch einzelne Familien und Freundeskreise. Und er wird immer breiter. Wobei es auch innerhalb der beiden Blöcke Entzweiungen und Verfeindungen gibt, sodass vom grossen Graben in alle Richtungen Risse und kleinere Gräben abzweigen, die jeden politisch relevanten Konsens verhindern. Die ehemals wichtigste politische Orientierungsmarke, nämlich das Links-Rechts-Schema, ist in mehrfacher Hinsicht konfus und brüchig geworden. Mainstream-Linke unterstützen den Neoliberalismus, und Mainstream-Rechte kämpfen gegen das Grosskapital, sprich die EU. Davon abgesehen gibt es weder links noch rechts irgendeine zukunftsfähige Vision, von der Mitte gar nicht zu reden, die als hilflose oder auch willige Marionette des Neoliberalismus ihre moralische Legitimation schon längst verspielt hat. Doch an den Rändern sieht es auch nicht besser aus. Die Linken machen sich auf ganzer Linie unglaubwürdig, weil sie durch ihren Einsatz für schrankenlose Migration unfreiwillig dem Neoliberalismus in die Hände spielen, der sich natürlich diebisch darüber freut, möglichst viele billige Arbeitskräfte ausbeuten zu dürfen. Dazu kommt, dass die Linken jede Kritik an einer steinzeitlichen Ideologie als "islamophob" hinstellen. Ausgerechnet sie, die sich über Jahrzehnte hinweg für Frauen- und Homosexuellenrechte stark gemacht haben, machen sich nun für den Islam stark, der diese Rechte weltweit mit Füssen tritt. Die Nationalisten und Rechtskonservativen wiederum schwafeln zwar ständig von Freiheit und Unabhängigkeit, meinen damit aber eigentlich nur die Privilegien der Besserverdienenden: es sind eben keine Nationalsozialisten, leider, muss man zynischerweise fast sagen, es sind behäbige Wohlstandsbürger. Und so findet man weder links noch rechts einen politisch tragfähigen Konsens. Was die Menschen allenfalls noch verbindet, ist das kapitalistische Interesse am Sich-gegenseitig-Melken. Doch schafft man damit irgendeine tragfähige Verbindung? Wohl kaum. Geld führt die Menschen zusammen, um sie zu entmenschlichen. Um sie zu einer Ware zu machen. Und so treibt Geld die Menschen nur noch vor sich her und auseinander und vernichtet jede Mit-Menschlichkeit. Einen tragfähigen Zusammenhalt in bestimmten Ideologien oder sozialen Bewegungen lässt der totalitäre Kapitalismus kaum noch zu. Stattdessen gibt es allerorten schnell geschmiedete Allianzen, die es immerhin schaffen, auf vergängliche Zustände und Situationen zu reagieren. Was da entsteht, kann sich im nächsten Moment wieder auflösen. Die Karten werden andauernd neu verteilt. Historische Feinde werden zu Verbündeten, Gruppierungen, die sich traditionsgemäss an ähnlichen Idealen orientieren, verfeinden sich auf den Tod, und was die Linke betrifft, die dem Islam gegenüber nach wie vor auf Appeasement setzt, so hat sie sich in ihren ideologischen Widersprüchen derart verrannt, dass sie sich früher oder später in zwei unversöhnliche Lager spalten wird. Mit den Islamverbänden herumkuscheln, um das Multikulti-Feeling zu fördern, aber handkehrum die Gleichstellung von Mann und Frau oder die Erweiterung von Homosexuellenrechten einfordern, das geht irgendwie nicht auf. Da müsste man sich klar entscheiden. Ebenso unlogisch verfahren die Linken mit dem radikalen Islam, den sie mit Hilfe einer wundersamen Hokuspokus-Methode vom allgemeinen Islam abkoppeln und für anti-islamisch erklären, weil das den Vorgaben eines politisch korrekten Wunschdenkens entspricht. Kurz und gut, für die sozialdemokratische Linke ist der Islam ein Spaltpilz. Man könnte sogar sagen: der letzte noch fällige Sargnagel. Schon jetzt ist das deutlich erkennbar. Günter Wallraff - eine Galionsfigur der Linken in Deutschland - tanzt seit längerem aus der Reihe. Als er vor zwei Jahren ankündigte, er wolle in der Zentralmoschee von Köln aus den "Satanischen Versen" vorlesen, musste er wegen Morddrohungen von Seiten muslimischer Fundamentalisten unter Polizeischutz gestellt werden. Dafür bekam er von den Rechtsextremen kräftig Applaus, während sich viele seiner linken Gesinnungsgenossen verbittert von ihm abwandten. Wer sind hier nun die Guten? Wer die Bösen? Natürlich kann man dieses Chaos nicht allein dem Islam anlasten. Durch den linksliberalen Kurs in Richtung ethnokulturell entwurzelten Parallelgesellschaften und einer zynischen Liberalisierung, die einen Grossteil der eingesessenen Bevölkerungen ausgrenzt oder wirtschaftlich ausbeutet, manövrieren sich die europäischen Staaten spätestens seit der Jahrtausendwende in den "Untergang des Abendlandes". Natürlich im besten Glauben an die gute Sache. Die "gute Sache" ist im wesentlichen das, was sich die 68er-Generation auf ihrem Marsch durch die Institutionen und Vorstandsetagen erarbeitet hat: ein wertkritisches Sozial- und Humankonstrukt mit planbaren Menschen und planbaren Gesellschaften. Um nicht vollends utopisch zu bleiben, muss diese Sozialutopie vor allem zwei Bedingungen erfüllen. Sie muss mit dem globalisierten Kapitalismus konform sein. Und sie muss zentralistisch organisiert werden können, nämlich durch die EU. Zentralismus gewährleistet nicht nur Verwaltung und Kontrolle, sondern auch die Durchsetzung einer spezifischen Ideologie. Nach zwei verheerenden Weltkriegen und einem beispiellosen Genozid ist es in Europa ein verständliches Anliegen, die Menschen vor einem Rückfall in alte Denkmuster zu bewahren. ("Nationalismus", "Rassismus", "Chauvinismus", "Faschismus" etc.) Allerdings könnte der Schuss nur allzu bald nach hinten losgehen. Mit ihrem selbstherrlichen Zentralismus, der sich als supranationales "Friedensprojekt" ausgibt, provoziert die EU einen Widerstand, der nur allzu gern auf das altbewährte Konzept der nationalstaatlichen Souveränität zurückgreift. Ihn propagandistisch zu verunglimpfen, nützt der EU wenig: sie selber steht ja nicht viel besser da. Mit ihrer absolutistischen Machtfülle wirkt sie auf dem Katheder der Friedens- und Demokratieförderung ziemlich unglaubwürdig. Eine Moralanstalt ist die EU mit Sicherheit nicht. Der moralische Impetus ihrer Gründungsurkunde dient ihr höchstens noch als Alibi, um knallharte Wirtschaftsinteressen durchzusetzen. So walzt sie alles nieder, was ihr im Weg steht. Indem sie ihre an sich lobenswerte pluralistisch-humanistische Gesellschaftsutopie wie ein Banner vor sich herträgt, verfolgt sie das moralisch verbrämte, aber eigentlich wirtschaftlich motivierte Projekt einer totalen ethnischen und kulturellen Nivellierung. Hier geht es nicht um das Gute im Menschen, sondern um die wirtschaftliche Nutzbarmachung, respektive Ausbeutung gleichgeschalteter Massen zugunsten einer oligarchischen Elite, die ihre eigene Agenda abarbeitet: Selbstbereicherung und Machtsteigerung um jeden Preis. Und dagegen sträuben sich die Menschen mit politischen und sozialen Reflexen, die vielleicht moralisch nicht immer hundertprozentig korrekt sind. In dem Masse, wie der Multikulturalismus als scheinheilige ideologische Waffe durchschaut wird, gerät die von oben gesteuerte Überfremdung ins Zwielicht. Die Folgen: "rechtspopulistisches" Gedankengut breitet sich aus und wird salonfähig, ein Vorgang, den die Machteliten als besorgniserregende Zunahme von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus denunzieren. Allerdings zu Unrecht - und mit leicht durchschaubaren, eigennützigen Interessen. Wer für Multikulti ist, ist automatisch ein guter Mensch. Wer gegen Multikulti ist, soll sich was schämen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung wird auf diese Weise erfolgreich verhindert. Dass ebendiese Multikulti-Ideologie ein systemkonformes Denken unter monokulturellen Voraussetzungen erzwingt und ganz nebenbei zu einem Erstarken des europäischen Islam führt, respektive zu einem unabsehbaren Konfliktpotential zwischen einer teils äusserst expansiven mittelalterlichen Religion und einer säkularen Gesellschaft, kommt den Regierenden sehr gelegen, ist es doch ihre unverhohlene Absicht, den natürlichen Schutzwall kultureller und ethnischer Identitäten zu schleifen. Menschen, die nachhaltig destabilisiert und entwurzelt sind, lassen sich leichter manipulieren, wirtschaftlich, politisch und mental. Was inzwischen natürlich auch die islamischen Fundamentalisten begriffen haben. Die Gefahr, die von ihnen ausgeht, hat nichts mit Gewalt zu tun. Der islamistische Terrorismus ist in Europa zum Glück ein Randphänomen. Moralisch und kriminalistisch lässt er sich leicht ins Abseits drängen, Staatsschützer, Polizei und andere Sicherheitsbehörden können ihn gut in Schach halten. Die wirkliche Gefahr, die von Salafisten und ähnlichen mehr oder weniger radikalislamischen Gruppierungen ausgeht, ist die Tendenz einer schleichenden Infiltration, einer weit ausgreifenden, wenn auch sanften religiösen Politisierung und Mobilisierung. DAS ist die wirkliche Gefahr, und die Angst davor geht wie ein Gespenst in ganz Europa um. Zuerst und vor allem natürlich bei den sogenannten einfachen Leuten, die irgendwie spüren, dass etwas nicht stimmt. Sie sind diejenigen, die auf Unstimmigkeiten am empfindlichsten reagieren, und insofern sind sie auch die verlässlichsten Indikatoren. Beunruhigt, ja hochgradig nervös sind inzwischen auch die Funktionäre der EU, wie überhaupt die meisten Politiker und Meinungsmacher. Allerdings gilt ihre Beunruhigung nicht so sehr dem Islam (der ja bekanntlich eine friedliebende Religion ist und mit dem islamistischen Terror rein gar nichts zu tun hat), sondern den Spielverderbern, Hinterwäldlern und Trotzköpfen am rechten Rand, die nicht wahrhaben wollen, dass fremde Kulturen eine Bereicherung sind. "Lasst euch gefälligst bereichern, ihr Nazi-Arschlöcher!" So lautet die Massregelung von oben. Auf den ideologischen Gegenwind reagieren die islamfreundlichen Politiker mit Halsstarrigkeit und Arroganz. Das Konstrukt einer multikulturellen Gesellschaft ist, wie jedes Konstrukt, etwas Unnatürliches, es muss erzwungen werden durch Erziehung, Hypokrisie, Meinungsbildung und Indoktrination, was nur gelingen kann, wenn der Souverän ausgeschaltet oder derart manipuliert wird, dass er die obrigkeitlichen Denkvorgaben automatisch übernimmt. Auf Biegen und Brechen drückt man einen utopistischen Tugendkatalog durch, was natürlich auf eine totale Entmündigung hinausläuft. Die EU hat gute Gründe, nicht demokratisch zu sein. Je stärker ihr Sozialkonstrukt (eine Symbiose zwischen Neoliberalismus und Postsozialismus, dem sogenannten "Cüpli-Sozialismus") unter Druck gerät, weil es mit den Menschen "an sich" und ihren widerborstigen Realitäten kollidiert, desto konfuser werden die Weltanschauungskämpfe, desto unsicherer werden die herkömmlichen Denkmuster und Zuschreibungen. Der Islam wirkt hier höchstens als Brandbeschleuniger, und man kann es ihm fast nicht verdenken, dass er das von den europäischen Eliten angerichtete Chaos ausnützt, um sich eine grössere sozialpolitische Geltung zu verschaffen. Einflussreiche Geldgeber aus Saudi-Arabien und der Türkei stecken jetzt schon die zukünftigen Expansionsgebiete eines radikalisierten europäischen Islams ab. Für diese Expansion oder Machtübernahme, die durchaus demokratisch und friedlich ablaufen kann, stehen Millionen religiös indoktrinierter Muslime  bereits in den Startlöchern. Islamverbände installieren sich als offizielle Mandatsträger, und Moscheen und Moscheevereine schiessen nur so aus dem Boden. Eigentlich ist es nicht ganz ohne Ironie: Europa, das den eigenen religiösen Totalitarismus erfolgreich überwunden und die grössten Denker und Wissenschaftler aller Zeiten hervorgebracht hat, lässt sich eine religiöse Ideologie aufzwingen, die den Säkularismus radikal in Frage stellt. Das Peinliche und Lächerliche daran ist nicht nur, dass das im hochtechnisierten 21. Jahrhundert geschieht, sondern auch die Tatsache, dass wir es hier mit einer Religion zu tun haben, die selbst noch hinter dem rückständigsten Christentum hinterherhinkt. Und eigentlich schon längst dort angekommen ist, wo Atatürk sie haben wollte: auf dem Müllhaufen der Geschichte. Der Islam wurde in den letzten 300 Jahren in die absolute Bedeutungslosigkeit abgedrängt. Darin liegt der grosse Groll, der grosse Neid, der in vielen muslimischen Gesellschaften gefährlich vor sich hinbrodelt. Gleichzeitig strömen dieselben Muslime, die uns verfluchen, weil wir die historischen Sieger und Abräumer sind, obwohl doch eigentlich sie - als die Inhaber der von Mohammed ausgerufenen einzigen wahren Religion - hätten siegen müssen, zu Millionen in unsere Länder, weil sie von unserer Toleranz, unserer Wissenskultur und unseren Wohlfahrtssystemen profitieren. Weil sie absurderweise genau davon profitieren, dass wir keine Muslime sind und uns gegen den Widerstand unserer eigenen Religion eine säkularistische Gesellschaftsordnung mit freiheitlichen Grundwerte erkämpft haben, die dem Koran und den Hadithen zutiefst widerspricht. Und nicht genug damit. Viele Muslime nutzen den Spielraum, den wir ihnen bereitwillig zugestehen, für die Verbreitung ihrer Steinzeit-Ideologie nach Kräften aus. Und da sind wir grösstenteils selber schuld. Wir lassen den Feind ins Haus, wir laden die Brandstifter zum Teekränzchen ein, wir durchschauen das Trojanische Pferd nicht. Im Gegenteil: wir feiern es sogar noch als kulturelle Bereicherung. Es ist schlichtweg beschämend, zusehen zu müssen, wie die säkularistische Elite Europas vor diesem religiösen Faschismus - dem gesellschaftsformenden politischen Islam - einknickt und seinem Vordringen geflissentlich den Boden bereitet. Toleranz und Dummheit sind selten eine gute Mischung. Genau diese Mischung wird uns ans Messer liefern. Wäre es den osmanischen Streitkräften gelungen, Wien einzunehmen und den Masterplan einer Islamisierung Europas zu verwirklichen, so würden wir heute in irgendwelchen Lehmhütten hocken, unsere Hunde verprügeln, Ziegen schächten, unsere Frauen in Käfigen halten und fünfmal am Tag mit dankerfüllter Inbrunst den grossen Allah-Bullalah anrufen, den göttlichen Bezwinger Europas und des europäischen Geistes. Aber ja doch: die Osmanen hatten eine hochstehende Kultur und Zivilisation. Das bezweifelt niemand. Aber wie bei jeder islamischen Hochkultur war dieses "Hoch" nur gerade so lange lebensfähig, wie es nicht von religiösen Kräften vereinnahmt wurde. Je mehr Kultur, desto weniger Islam. Je mehr Islam, desto weniger Kultur. Dies gilt für alle Blütezeiten islamischer Kulturen. Je blühender, desto weniger Religion. Je mehr Religion, desto karger die Blüten. Unter diesem Aspekt betrachtet, haben die Muslime ein riesiges Problem: ihre Religion sperrt sich gegen die Säkularisierung. Die christlich-europäische Überlegenheit in Sachen Kultur und Zivilisation resultiert eindeutig aus dem nachhaltigen (und oft auch blutigen) Säkularisierungsprozess, der sich tief in unsere historische DNA eingeschrieben hat. Und genau hier liegt der alles entscheidende Unterschied. Das Christentum ist säkularisiert, der Islam nicht - abgesehen vielleicht von ein paar wenigen Splittergruppen wie den Aleviten. Selbst ein normalgläubiger Muslim wird niemals zugeben, dass seine Religion fragwürdig ist. Wenn im Namen des Islam etwas Böses geschieht, wird er immer behaupten, die Religion werde missbraucht. Dass diese Religion in ihren Grundlagen und Voraussetzungen fragwürdig sein könnte, steht für ihn ausserhalb jeder Denkmöglichkeit.

 

Nicht genug damit, dass Religionen an sich schon rückständig sind: der Islam setzt noch einen drauf. Sein Fundamentalismus ist - für uns Westler schwer zu begreifen - sowohl modern als auch tief mittelalterlich. Sowohl progressiv-totalitär als auch primitiv. Und eine Religion wie jede andere ist der Islam eben nicht. Durch seinen textbasierten Herrschaftsanspruch unterscheidet er sich vom Christentum wie auch vom Judentum und vielen andern Religionen nicht unwesentlich. Unsern säkularen Werten wird sich diese Polit-Religion nur gerade so lange unterordnen, wie sie es für nötig hält, um ihre Ziele zu erreichen. Irgendwann wird sie es wahrscheinlich nicht mehr für nötig halten. Irgendwann wird sie ihre Ziele erreicht haben. Spätestens dann wird der Traum von einer multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft ausgeträumt sein. Wir in Europa können diesen Traum noch träumen. In vielen andern Teilen der Welt sieht es diesbezüglich schon sehr finster aus. Etwa 100 Millionen Christen werden in über 50 Ländern systematisch verfolgt, weil sie Christen sind. Und die Verfolger sind ausschliesslich Muslime. Dieser Flächenbrand wird früher oder später auf Europa übergreifen. Und er wird sich vor allem auch gegen die Juden wenden: aus Frankreich, das einen besonders hohen Bevölkerungsanteil von Muslimen hat, wandern bereits Juden in Scharen nach Amerika und Israel aus, weil Europa für sie zu gefährlich wird. Hier formiert sich eine globale Hetzjagd, an der sich indirekt auch all jene gemässigten Muslime beteiligen, die hundertmal lieber über die angebliche Diskriminierung ihrer Religion jammern, als dass es ihnen in den Sinn käme, ihre religiöse Haltung zu hinterfragen und dem mörderischen Dschihadismus Einhalt zu gebieten. Wer das nicht wahrhaben will und immer noch davon schwafelt, dass das alles nichts mit Religion oder dem eigentlichen und richtigen Islam zu tun habe,  wird sein relativierendes Wunschdenken bald schon relativieren müssen. Die dümmste aller Lügen ist nämlich die, dass Religionen wesensmässig gut und human seien.

 

 

 

2012